Soziale und wirtschaftliche Hintergründe anhand ausgewählter Dokumente
Mit einer Namensliste der Emigranten aus der Grafschaft Ysenburg-Büdingen
Klaus-Peter Decker
Im Jahre 1766 wurden Büdingen und die Grafschaft Ysenburg in ein Migrationsgeschehen hineingerissen, das im europäischen Rahmen neue bevölkerungspolitische Maßstäbe setzte. Die weitreichenden Folgen wirken bis in unsere Gegenwart. Es handelte sich um eine große Zahl von Kolonisten aus vielen Territorien des Reichs, die der Anwerbung der russischen Zarin folgten. Die Einladung, die auf Plakaten und Handzetteln in Windeseile Verbreitung fand, wurde begleitet von einer sorgfältig geplanten Werbestrategie, einer in dieser Form bisher nicht gekannten Organisation und Logistik und einer durchdachten Ansiedlungspolitik in den Steppengebieten der mittleren Wolga.
Klaus-Peter Decker
Dokumente aus einer Zeit vor nicht einmal 9 Generationen bieten eine Fülle von Fakten und damit Recherchemöglichkeiten für die Ahnenforschung. Neu aufgenommen wurde das vollständige Heiratsregister der Trauungen, die in Büdingen stattfanden. 1766 erlangte Büdingen kurzzeitig Bedeutung im Felde europäischer Politik als einer der wichtigsten Sammelplätze der Massenauswanderung nach Russland. Nachdem Zarin Katharina die Große 1763 in einem Aufsehen erregenden Manifest zur Ansiedlung in neuen Kolonien an der Wolga einlud und dafür erhebliche Privilegien und Fördermittel versprach, zog es Tausende in die russischen Werbebüros. Der Reichstag und die großen Reichsstände aber reagierten mit drastischen Verboten, um eine „Reichsentvölkerung“ zu verhindern, so dass die Werber in kleinere Herrschaften ausweichen mussten.
Büdinger Geschichtsverein
Der Büdinger Historiker Dr. Klaus-Peter Decker behandelt in einem ausführlichen Beitrag zur „Auswanderungsbewegungen aus dem Büdinger Land im 18. und 19. Jahrhundert“ u. a. die Auswanderung an die Wolga und nach Amerika und erklärt die Hintergründe und Motive der verschiedenen Auswanderergruppen. Ein Schwerpunkt seines Beitrags ist die gemeinsame Auswanderung ganzer Dörfer am Beispiel von Wernings und Pferdsbach, aber auch das Scheitern des Auswanderungsversuches, wie im Fall Michelau. Den Abschluss bilden Namenslisten von Auswanderern aus Büdingen nach Ungarn, Dänemark und Amerika.
Deutsche Auswanderer in Russland
Familiengeschichte und Lebenserinnerungen von Maria Reichert
Die Familien- und Lebensgeschichte Maria Reicherts, die sie für ihre Kinder aufgeschrieben hatte, sind ihre - sehr persönlichen - Erinnerungen an das Leben in der ehemaligen Sowjetunion. Sie sind aber zugleich exemplarisch für den Lebensweg vieler Deutschen ihrer Generation aus dem Gebiet der unteren Wolga.
Ende des 18. Jahrhunderts wanderten Maria Reicherts Vorfahren von Büdingen an die Wolga aus. Ihre eigenen Erinnerungen beginnen mit der Flucht ihrer Familie vor politischer Verfolgung. 1941 wurden sie in das Altai-Gebiet ausgesiedelt, zwei Jahre später kam sie als Siebzehnjährige für vier Jahre in das Arbeitslager Suchobeswodnaja.
Renate Holzapfel
Das Archiv Frauenleben im Main-Kinzig-Kreis e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte und die Erinnerungen von Frauen zu sammeln, aufzubewahren und lebendig zu halten. Diese Sammlung von Erlebnissen von Auswanderinnen, die zwischen 1945 und 1985 ins außereuropäische Ausland gingen, soll dazu beitragen.
Das Buch entstand aus einem Projekt zur Spurensuche nach Frauen, die in der Nachkriegszeit und während des Kalten Krieges ausgewandert sind. In den von Zeitzeuginnen verfassten Berichten gewähren diese Einblicke in ihre Erfahrungen. Das Beispiel der Kleinstadt Wächtersbach, die in dem Buch stellvertretend für so manche Gemeinde steht, zeigt eine erstaunlich hohe Zahl von Frauen die es wagten, weg zu gehen.
Ein Büdinger forscht bei den Mongolen
Karlheinz Schweizer
„Translateur verschiedener Mongolsch. Sprachen, bey der Rußisch. Kayserl. Akademie der Wissenschaften, ... aus der Wetterau u. Grafschaft Isenburg Büdingen“
Karlheinz Schweizer sammelte als Grundlage seines historischen Romans „Johann Jährig“ umfangreiches Material zu diesem heute fast vergessenen Mongolenforscher des 18. Jahrhunderts. Der Quellenband „Johann Jährig und seine Zeit - Ein Büdinger forscht bei den Mongolen“, herausgegeben von der Geschichtswerkstatt Büdingen, zeichnet das Leben des Johann Jährig von seiner Geburt 1747 auf dem Herrnhaag bei Büdingen bis zu seinem Tod in Petersburg im Jahre 1795 nach.