Büdinger Geschichtsblätter Band XXVII (Artikelnummer: )

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Gegenüber dem letzten Band, dessen Beiträge stark auf Büdingen fokussiert waren, geht Band XXVII vermehrt über das Büdinger Land hinaus. 15 Autoren greifen in 19 Beiträgen eine große Spanne unterschiedlicher historischer Themen auf.
Der Anlass zum Beitrag von Volkmar Stein „Statist auf kommunalpolitischer Bühne oder Doch ein leerer Wahn?“ ist dem diesjährigen Jubiläum des Wetteraukreises geschuldet, das zugleich das Ende der Position von Büdingen als Kreisstadt bedeutete.  In dieser Umbruchphase mit der anstehenden Gebietsreform und der Auflösung des Kreises Büdingen war Volkmar Stein handelnder Büdinger Lokalpolitiker. Seine Ausführungen sind pointiert und spiegeln die Zerrissenheit der politischen Akteure und Parteien.
Zur Gebietsreform von 1972 äußert sich auch Joachim Pollmar, der einen Rückblick aus Büdinger Sicht gibt. Als damals zuständiger Dezernent zeichnet er die Entwicklung des Krankenhausbaus in Schotten sowie in der Schulpolitik und den baulichen Entwicklungsschritten nach. Die Anfänge des neuen Gebildes Wetteraukreis werden konkret und nachvollziehbar vor Augen geführt.


Über die 80er Jahre und den „Aufbruch zum Wandel“ schreibt Rolf Gnadl. Eindringlich zeichnet der damalige Landrat der ersten rot/grünen Koalition auf Kreisebene in Hessen Entwicklung und Verlauf, Gemeinsamkeiten und Konfliktlinien aus der Sicht der SPD auf. Als damaligem Politikakteuer der ersten Reihe kommt seinen Einschätzungen und Bewertungen besondere Bedeutung zu.
Riccardo Bortolotti, Mitglied der Wehrführung der Freiwilligen Feuerwehr Büdingen, schreibt über einen speziellen Einsatz während des Hochwassers vom 29.1.2921. Akribisch und teilnahmsvoll schildert er die Rettung vieler Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims Kursana, die vom Hochwasser heftig bedrängt wurden.
In „Zum Hochwasser am 29.01.2021“ greift Dieter Jentzsch ebenfalls diesen lang nachwirkenden Tag Ende Januar auf. Sein Rückblick lässt den Leser die erschreckende Situation minutiös nachvollziehen und ruft viele Details wieder in Erinnerung.
Petra Lehmann-Stoll, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Heuson-Museum, gibt einen Bericht über Grabungen im Heuson-Museum. Nach dem Hochwasser musste der Sandsteinboden im Museum erneuert werden und im Zuge dieser Arbeiten konnten neue Erkenntnisse über das Historische Rathaus gewonnen werden.
Lorenz Frank und Natalie Mielke vom Büro für Historische Bauforschung aus Mainz stellen neue Erkenntnisergebnisse für die Nordseite der Stadtmauer von Büdingen vor. Die Veränderungsgeschichte der Stadtmauer wird mit ihrem Beitrag wesentlich bereichert. Vor allem der Knick in der Mauer weckte das Interesse der Bauforscher.
Um neue Erkenntnisse dreht es sich auch bei einem Beitrag von Petra Lehmann-Stoll zu Grabungen an der nördlichen und westlichen Stadtmauer. Dort konnten erstaunliche und bislang unbekannte Erkenntnisse über die Gründungstiefe der mächtigen Mauern ermittelt werden.
Dr. Erik Reutzel stellt in seinem Beitrag die Position von Johannes May, dem bekannten Glauberger Heimatforscher, zum Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 vor. May hatte, als Teilnehmer an diesem Krieg, eine durchaus differenzierte Haltung zum so genannten Erzfeind bezogen.
Etwas lokaler ausgerichtet sind die Ausführungen Ortwin Heinrichs über den 1887 gegründeten Kriegerverein in Lorbach. Gründungsphase und Aktivitäten des Vereins werden ausführlich beleuchtet. 1934 kam mit der zwangsweisen Eingliederung aller Kriegervereine in den NS-Reichskriegerbund das Ende für den Lorbacher Kriegerverein.
In seinem Text „Auf dem Weg nach Erez-Israel“ berichtet Dr. Volkmar Stein von einem Treffen des Jung-Jüdischen Wanderbundes in Büdingen und schildert ausführlich die Begleitumstände dieser Zusammenkunft. Bestimmendes Thema war die umstrittene Frage nach der Gründung eines jüdischen Staates.
„Kirchenkampf in Büdingen“ von Willi Göttert wurde von Angelika Pons, geborene Göttert, zur Verfügung gestellt. Sie hatte diese Abschrift einer besprochenen Kassette ihres Vaters über seinen Dienst als Vikar in Büdingen von Februar - März 1938 angefertigt. Ein zeitgeschichtlich bewegendes Dokument.
Der Beitrag „Wetterau-Main-Tauber Stellung“ von Klaus-Dieter Brandt zeigt die Einbindung Büdingens in die Verteidigungsplanungen der Militärs im 2. Weltkrieg. Detailliert werden die Bunkerbauten um Büdingen in ihrer bautechnischen Ausführung und Erstellung beschrieben.
Im Beitrag „The Büdingen Affairs – Kunstraub nach dem 2. Weltkrieg“ wird ein bislang unbekanntes Thema erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Durch Zufall erfuhr der Herausgeber von der Existenz eines Aufsatzes, in dem die Umstände und Ergebnisse des Raubs durch Angehörige der US-Armee nach dem Einmarsch in Büdingen dokumentiert werden. Ein Thema nicht nur von historischer Brisanz, sondern zugleich von dauerhafter Aktualität. Christa Hollnagel hat die Geschichte nacherzählt.
Zu seinen „Büdinger Betrachtungen: Armut“ schreibt Volkmar Stein: „Ausgangspunkt ist jeweils ein Ereignis, meist aus der Büdinger Geschichte – es kann aber auch ein weit entferntes sein, von dem aus Licht auf das reflektierte Thema und auf Büdingen fällt. Jacob Burckhardt im Kleinformat.“
„Von ungehorsamen Glaubergern und halsstarrigen Stockheimern“ handelt der Beitrag von Andreas Klöppel. Die ausgewerteten Akten zu den Streitigkeiten zwischen Glauberg und Stockheim um die Beweidung am Glauberg im Jahr 1580 zeigen exemplarisch, dass die Festlegung und Einhaltung von Gemarkungsgrenzen von großer Bedeutung für die Menschen unserer Gegend im 16. Jahrhundert waren.
Christian Vogel stellt in seinem Beitrag über das Hofgut Leustadt, ein ehemaliges Wasserschloss, dessen wechselvolle Geschichte vor. Zugleich schließt sein Rückblick die Erinnerung an Gisela Spruck mit ihrer denkmalpflegerischen Leistung beim Erhalt und der Sanierung des Hofguts ein.
Ortwin Heinrich berichtet von einem einen Fund von Mammutfossilien in der Gemarkung Diebach am Haag vor, die bei einer „Feldbereinigung“ 1904 gemacht wurden.
Volkmar Stein würdigt in seinem Nachruf auf Klaus-Peter Decker (1939-2021) dessen herausragende Leistungen für die Erforschung der Büdinger und Ysenburger Geschichte.

Softcover, 378 Seiten, 35 Farbbilder, 9 s/w-Bilder

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